초록 열기/닫기 버튼

Wilhelm Müller, ein bislang wenig beachteter Dichter aus dem frühen 19. Jahrhundert, schuf mit seinem ersten Gedichtzyklus Die schöne Müllerin einunvergessliches, über den deutschsprachigen Raum hinaus bekanntes Kunstwerk. Mit diesen Gedichten ist bis heute auch der Name des Komponisten FranzSchubert verbunden, der sie vertonte. - Der vorliegende Aufsatz zeigt, dass MüllersZyklus Die schöne Müllerin, dessen einzelnen Texte als dramatische, Geschichtenevozierende Rollengedichte und Singspiele entworfen sind, auf beispielhafte Weisevon denjenigen charakteristischen deutsch-romantischen Gemüts- undEmpfindungselemeten durchzogen ist, die unter dem Begriff ‚deutscheInnerlichkeit‘ subsumiert werden können. Das lyrische Ich, ein Müllersknecht,zieht zur persönlichen Entwicklung in die weite Welt hinaus, verliebt sichunglücklich in eine Müllerstochter und nimmt sich schließlich das Leben. DieMühle und die Wasserfrau sind entscheidende Motive, die diese Entwicklungpoetisch intensivieren. Erstere gilt traditionell als lebensspendende Kraft, in dersich die anfängliche Lebensfreude des lyrischen Ichs, aber auch seinezunehmenden Lebensängste widerspiegeln. Hier wird die romantische Suche nachneuen, menschengerechten Wertvorstellungen in einem prekärenUmbruchszeitalter offenbar. Die Wasserfrau lässt noch größere Ambivalenzenzutage treten, insbesondere in Bezug auf das ‚Weibliche‘ und auf die zu großeSelbstbezogenheit des lyrischen Ichs. Das evoziert Zweifel an zentralenromantischen Bezugspunkten wie der bedingungslosen Liebe, der Selbstentwicklung, der Wanderung und der Heimkehr. Man könnte sagen, dasseine dubiose deutsch-romantische Innerlichkeit ins Stocken geraten ist.