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In ertser Linie handelt es sich bei diesem Aufsatz um einen interpretatorischen Versuch, den Roman des österreichischen Schriftstellers Daniel Glattauer, Gut gegen Nordwind, eine für unsere Epoche der digitalen Vernetzungen tiefgründige Thematik zu beleuchten: die Frage nach dem Sinn des menschlichen Daseins in einer Informationsgesellschaft. Dabei stützt er sich auf das Postulat, dass die Literatur ein Spiegel der Zeit ist, in dem Sinne, dass sich in lierarischen Werken nicht nur kulturelle Strömungen, gesellschaftliche Veränderungen oder politische Umbrüche, sondern auch technologische Entwicklungen niederschlagen. Im heutigen Informationszeitalter, wo das Internet als unentbehrliche Grundlage jeder Kommunikation dient, dreht sich beim ‘User’ alles um höchstmögliche Aktualität, wenn er seine Meinung kundtun oder Meinungen anderer erfahren will. Diese Art der geschwindigkeitsorientierten Kultur verkürzt auch die Zeit, die aufgewandt wird, um kulturelle Inhalte zu konsumieren. Das führt dazu, dass anstatt einer längerfristigen Aufnahme von Einflüssen Kunstprodukte, vor allem auf den Massenmarkt ausgerichtet, kurzlebiger werden. Gut gegen Nordwind hält sich seit drei Jahren fast durchgängig in den Bestsellerlisten; der Roman hat bei dem Onlinebuchhändler Amazon bis dato über 490 Kundenrezesionen, wobei jeden Tag neue hinzukommen. Dass dessen Beliebtheit unter solchen Bedingungen Bestand hat, muss einen besonderen Grund haben. Nach Außen hin am auffälligsten ist der formale Aspekt; als dieser Roman im Jahre 2006 erschien, wurde er von der Literaturkritik als erster ‘purer E-Mail-Roman’ bezeichnet. Denn das komplette Werk ist von Anfang bis Ende in E-Mail-Form abgefasst. Wichtig festzustellen ist, dass man ihm in der Kritik weniger Aufmerksamkeit für dessen neuartigen, wichtigen formalen Aspekt geschenkt hat, als dass das eine konventionelle, daher vertraute Liebesgeschichte im Rahmen des neuen Mediums Internet, d. h. ein ‘romantischer’ Liebesroman im multimedialen Zeitalter ist. Man hat jedoch m. E. dabei übersehen, dass dieser E-Mail-Roman, zwar zuerst als Druckmedium und später als Hörbuch veröffentlicht, im Grunde die veränderte Wahrnehmung der Kultur erkannt und angewandt hat, somit ein Werk der ‘post-literalen’ Kultur darstellt. Noch bedeutender ist, unabhängig vom künstlerisch-ästhetischen Wert des Werkes, dass er nicht, wie der Großteil der Kritker und Leser meinen, die in ihm einen Trivialroman sehen, eine nicht realisierbare und deshalb traurige Liebesgeschichte erzählt, sondern eine begründete, tiefer gehende existenzielle Dimension des Menschen enthält. Unter diesem Gesichtspunkt scheint es sinnvoll, einige Aspekte näher zu betrachten, die nicht als Beleg für die anhaltende Beliebtheit dieses Werkes angeführt werden, sondern den künstlerischen Wert bezeugen: 1. Wichtiger als die Tatsache, dass dieser E-Mail-Roman eine experimentelle Abwandlung des traditionellen Briefromans ist, ist, dass der Roman wirklich aus einem reinen Gespräch der beiden Protagonisten per E-Mail besteht und somit eine andere, ‘neue’ Dialogizität als im Briefroman aufweist. 2. Dieser Roman erfasst und geht auf die Vorlieben der digitalisierten Multimediagesellschaft genau ein. Er spiegelt die Tatsache wider, dass im Cyberspace Anonymität großgeschrieben wird und so ein freieres und liberaleres Zusammenkommen von Menschen ermöglicht wird. 3. Das eigentliche Thema des Romans ist m. E. nicht die Liebe, sondern die Isolation des modernen Menschen, der Mangel an wahrer Kommunikation mit der daraus folgenden Sehnsucht nach Kommunikation und die Tragik der Unerfüllbarkeit solcher Sehnsucht. 4. Es wird zur ethischen Beurteilung und Diskussion einer menschlichen Liebe in einer virtuellen, nicht realen Welt aufgefordert. Dieses Phänomen ist ein verstecktes Problem einer Zeit, in der zwischenmenschliche Beziehungen aktiver denn je erfolgen. 5. Der Roman enthält Komponenten einer post-literalen bzw. postmodernen Kultur. Diese Arbeit versucht die genannten Aspekte in dem Werk 『Gut gegen Nordwind』 zu analysieren und damit annähernd zu beweisen, dass auch in einer multimedialen Gesellschaft literale Kultur möglich ist und nicht wichtig ist, was nach der literalen Kultur kommt, sondern in welcher Form sich die literale Kultur entwickeln wird.