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Bei diesem Aufsatz geht es um die Untersuchung der Lectio Divina bei Hugo von St. Viktor, der als der erste Systematiker unter den mittelalterlichen Denkern im Blick auf eine alle Bereiche des menschlichen Geistes umspannende Wissenschaft gilt. Seine Bemuehungen, die verschiedenen Disziplinen in einem systematischen Entwurf zusammenzusehen und so in ihrem Stellenwert zu bestimmen, gipfeln im »Didascalicon«, das aus seinen langjaehrigen lehrtaetigkeiten in der Klosterschule entstand und im heutigen Sinne als eine Wissenschaftslehre und Studieneinfuehrung zu bezeichnen ist. Das Didascalicon ist in zweierlei Hinsicht von grosser Bedeutung. Erstens, in ihm kommt die Lectio Divina namentlich vor. Dies ist anders als bei Guigo II, dessen systematischer Entwurf der Lectio Divina zwar ein standardisertes Modell im mittelalterlichen Kloster darstellt, der aber sie namentlich nicht erwaehnt. Der zweite Aspekt ist noch beachtendswerter. Das Didascalicon ist ja eine Art von Studieneinfuehrung, waehrend die Lectio Divina allgemein betrachtet eine Art von persoenlichen spirituellen Exerzitien ist. Es erhebt sich die Frage, in welchem Verhaeltnis akadeisches Studium und monastische Lebensfuehrung stehen. Bezeichnenderweise bringt Hugo die Lectio Divina mit wissenschaftlichem Studium in Verbindung und macht damit deutlich, dass es beim Theologiestudium vor allem um die balancierte Harmonie von persoenlicher Spiritualitaet und wissenschaftlicher Bildung geht. Hugo geht also einen anderen Weg als Guigo II, aber wegweisend fuer Luther, der ebenfalls mit Hilfe der Tradition der Lectio Divina eine Mothodik des Theologiestudiums entwirft. Die Eigentuemlichkeit der Lectio Divina, die Hugo in seinem Didascalicon vor Augen bringt, besteht in dem fuenfgliedrigen Schema, naemlich lectio-meditatio-oratio-operatio-contemplatio. Im Vergleich mit der allgemein tradierten viergliedrigen Stufe kommt bei Hugo die operatio zwischen der oratio und der contemplatio zusaetzlich vor. Er wollte sich damit der spekulativen Tendenz der Lectio Divina widersetzen. Hierin ist er wiederum mit Luther in Beziehung zu setzen, der auch mit der tentatio die lebensweltorientierte Dimention des Theologiestudiums hervorhebt. Insgesamt gesehen gibt es zwei Traditionen in bezug auf die Lectio Divina. Die eine bezieht sich auf die persoenliche Uebung der Spiritualitaet. Bei der anderen handelt es sich mehr um eine Methode des Theologiestudiums. Ein Desideratum waere nun, den zweiten Aspekt der Lectio Divina, dem bisher kaum Beachtung zuteil wurde, noch genauer zu erhellen.