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Das Grundthema des Romans Gabriele von Johanna Schopenhauer ist die Entsagung Gabrieles durch Aufopferung und Leidensbereitschaft. Ihre Entsagung verläuft in drei Stufen und jedesmal bricht sie zusammen. Allerdings überwindet sie die seelische Krise mit der aufopferungsvollen Hilfe einer “Ersatzfamilie”. Dafür ist Gabrieles verstorbene Mutter Projektionsfigur und ideelles Zentrum. Diese Ersatzfamilie erweitert sich mit dem Hinzukommen der beiden Herren von Lichtenfels und des ungarischen Grafen Hippolit sowie der beiden Schwestern Ida und Bella zu einer ‘geistigen Verwandschaft’, die aus verschiedenen sozialen Schichten besteht. Diese Gruppe entsteht aus reiner Zuneigung zueinander. Die Gruppenmitglieder geben, vermitteln und wecken Liebe. Dank ihrer Hilfe gelangt Gabriele zu Weltkenntnis, kunstgeschichtlicher Bildung und der Entwicklung der eigenen künstlerischen Anlagen. Außer der geistigen Verwandtschaft ist auch die Natur ihr Kommunikationspartner. Beim Kommunizieren mit der Natur vergisst sie ihre Schmerzen und gewinnt inneren Frieden. So fungiert die Natur als Hypostase der Empathie. Für den jüngeren Ungarn Hippolit, der sich in Gabriele verliebt und durch sie eine neue Lebensart entdeckt, übernimmt die Schweizer Natur diese Funktion. Bei der Betrachtung der schweizerischen Landschaft hält er sich für einen Teil der Natur und fühlt sich mit ihr im Einklang. Somit wird die Natur für die beiden Hauptfiguren zum Kurort, wo sie Linderung für ihre Schmerzen finden. Gabriele muss erkennen, dass sie sich nun doch in Hippolit verliebt hat. Nach dem Geständnis ihrer Liebe zu ihm stirbt sie jedoch. Wie in anderen Werken unterminiert Schopenhauer auch in diesem Roman die zeitgenössische Ideologie entsagungs- und aufopferungsbereiter Weiblichkeit, indem sie eine Frauengestalt schafft, die das weibliche Glück nur in der Zufriedenheit anderer sucht, um das selbstbewusste Verlangen nach eigener Glückserfüllung zu ergänzen. Sie kreiert weibliche und männliche Hauptfiguren, die den enggesteckten Rahmen der zeitgenössischen Geschlechtsrollenvorgaben sowie die Zwänge der liebesfeindlichen Konvenienzehetradition überschreiten und das Lesepublikum ermuntern,nonkoforme Handlungs- und Lebensweisen wenigstens in der Welt der Vorstellung in Betracht zu ziehen. Schopenhauer wünscht sich also, dass das Gefühl beider Liebenden über das Stadium der Knospe hinaus bis zur vollen Entfaltung erblühen kann. Hierfür schafft Schopenhauer eine Gemeinschaft, in der sich die Menschen mit Liebe begegnen und die mehr in Brüderlichkeit und Solidarität verwurzelt ist als in Blut. Denn die Zerstörung der Liebe bedeutet nicht nur die Zerstörung der Natur, sondern auch die der Menschlichkeit. Diese Gemeinschaft kann eine alternative Gesellschaft sein. In diesem Sinne kann die Weltanschauung Schopenhauers an den Ökofeminismus angeknüpft und ihr Roman aus der Perspektive des Ökofeminismus betrachtet werden. Ökofeministen sehen die Ursache der ökologischen Krise und der Probleme der Industriegesellschaft als das Resultat der Unterdrückung und Ausbeutung der Frauen und der Natur in der von Männern dominierten Gesellschaft an. Daher richtet sich ihr Streben danach, eine Gesellschaft zu erschaffen, in der die Menschen und die Natur friedlich zusammenleben. Der Roman Gabriele ist also ein Produkt, das aus der ökofeministischen Weltanschauung der Frühromantikerin Johanna Schopenhauer entstanden ist.